Tag 12 - Lagan in Schweden

Eine Expeditionsfahrt dieser Art beinhaltet Entscheidungen, die so nicht vorhersehbar waren!

Heute sind wir wieder mal auf den Straßen Schwedens unterwegs gewesen und nähern uns immer weiter Jönköping, wo wir in zwei Tagen das schwedische SolarCar Team treffen werden.

Für uns standen heute etwas schwierigere Entscheidungen auf dem Plan, mit denen wir so auch nicht gerechnet hätten. Wir hatten bereits an anderer Stelle erwähnt, dass wir mit unserem aktuellen Getriebe nur 60 km/h fahren können und dass der Motor bereits bei dieser Geschwindigkeit mit rund 16.000 Umdrehungen pro Minute dreht. Aus diesem Grund ist unsere Reichweite aktuell auch nicht bei den geplanten und kalkulierten 300+ km, sondern eher bei ungefähr 150 km. Im Moment warten wir weiterhin auf die Fertigung und Lieferung des von uns entwickelten Getriebes, welches wir inkl. Ersatzmotor noch während unserer Europatour einbauen wollen, um anschließend unsere Reichweite deutlich zu erhöhen.

Aktuell bedeutet das also für uns, dass wir vorerst weiterhin zu viert die Ländergrenzen passieren werden und dass uns der zweite Teil des Teams aus der anderen Richtung entgegenfährt. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere bislang geplante Route ein wenig abändern müssen, denn der ein oder andere Standort ist mit dieser Personenkonstellation und der Reichweite unserer Begleitfahrzeuge nicht möglich.

Mit unserem Landy sind wir im Vergleich zu unseren Begleitfahrzeugen wirklich energieautark unterwegs und definitiv nicht auf eine gut funktionierende Ladeinfrastruktur angewiesen. Auch wenn das schwedische Ladenetz schon recht fortschrittlich ausgebaut ist, stellen wir jedoch zum wiederholten Mal fest, dass unsere Lade- oder Kreditkarte immer wieder nicht akzeptiert wird oder aber Ladesäulen außer Betrieb sind. Unter den gegebenen Umständen und den zusätzlich gewonnenen Erkenntnissen ist es für uns infolgedessen unmöglich, bis zum Nordkapp zu reisen. Hinzu kommt, dass das Ladenetz immer lückenhafter ausgebaut ist, je nördlicher wir kommen und wir nicht sicherstellen können, dass die Begleitfahrzeuge die entsprechenden Etappen schaffen.

Aus den genannten Gründen werden wir vier nun in den folgenden Tagen über Jönköping bis nach Stockholm und dort mit der Fähre bis nach Estland weiterfahren. In Estland werden wir dann auf den zweiten Teil unseres Teams treffen, welches sich Ende dieser Woche aus Bochum auf den Weg zu uns macht und uns über Polen, Litauen, Lettland und Estland entgegenfährt.

Natürlich sind wir mit der Entscheidung nicht zu 100% zufrieden aber eine Expeditionsfahrt dieser Art ist auch immer mit gewissen Kompromissen und Unvorhersehbarkeiten einhergehend. Für uns scheint dieser Weg der beste, sicherste und logischste zu sein, weshalb wir uns auch für diesen Weg entschieden haben.

Mit 60 km/h sind wir heute also weiter Richtung Vidöstern, einem südschwedischen See, gefahren und 90 km vor Jönköping auf einen abenteuerlichen Campingplatz gefahren. Von der Landstraße mussten wir links abbiegen, über eine baustellenartige Nebenstaße und Schotter fahren, um schließlich an einem Zaun halt zu machen. Wir waren uns sicher, dass wir völlig falsch waren, sind jedoch weiterhin unserem Navi gefolgt, haben das zaunartige Tor geöffnet und sind durch das sich dahinter befindende Waldstück gefahren. Nach wenigen Minuten sind wir an einer kleinen Holzhütte vorbeigefahren, wo wir dann freundlich begrüßt wurden. Wir hatten unser heutiges Ziel, eine große Wiese am See Färsjön, erreicht und erneut unser Camp aufgebaut. Hier werden wir nun die nächsten zwei Tage verbringen, um unseren Landy solar nachzuladen.

Wir haben heute nämlich noch eine weitere Entscheidung getroffen und uns von dem Gedanken, bei Gewitter oder Regen an Ladesäulen nachzuladen, vollständig entfernt. Für den Rest der Tour werden wir unseren Landy ausschließlich solar laden, auch wenn das sicherlich hin und wieder bedeutet, dass wir für mehrere Tage am selben Standort bleiben müssen. Aber gerade das sind die Erfahrungen, die wir während unserer Expedition machen wollen! Für uns ist die Challenge „energieautark mit dem Landy zu reisen“ entscheidend wichtiger, als die geplanten 15.000 km zu erreichen.